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Wiesbadener Kurier/Tagblatt vom 24.9.2007

Wilde Worte im Waschsalon

Geschichten aus dem Westend beim Werkstattgespräch der Kulturtage

hon. WIESBADEN Mitte der 90er fing es an. Da setzten oder stellten sich in Berlin seltsam normale Menschen auf die Bühne und lasen skurrile oder einfach nur alltägliche Geschichten vor. Die "Lesebühnen" waren geboren. Dort fand das statt, was in deutschen Wohnzimmern kaum mehr passiert. Es wird eben vorgelesen. Sonst nichts. Keine Show, keine Performance, einfach lesen. Meist sind es selbst geschriebene kleine Beobachtungen, die direkt vor der Tür stattgefunden haben oder zumindest so hätten stattfinden können. Auch in Wiesbaden gibt es diese Darstellungsform seit immerhin acht Jahren. Der Verein für Kunst, Literatur und Wilde Worte hat sich dann 2002 aus der Initiative zum gemeinnützigen Verein gewandelt und fällt durch zahlreiche Veranstaltungen, wie etwa den "Poetry Slam" im Schlachthof, auf. Auch der "Poetry Kids Slam" im Kulturpalast geht auf seine Initiative zurück.

Nun hatten die wilden Wortkünstler bei den Kulturtagen im Westend zum Werkstattgespräch geladen. Nicht an irgendeinen gewöhnlichen Ort, sondern in den ehemaligen Waschsalon in der Wellritzstraße. Und auch hier kommen großstädtische Vergleiche auf, hat doch Knacki Deuser dereinst einen Waschsalon in Köln zum Comedy-Kult werden lassen. Doch zurück nach Wiesbaden. Da hat Bettina Lehmann angefangen, ihren Verein vorzustellen. Weil sie erkältet ist, leider ohne Musik. Aber auch optisch macht ihre Vorstellung einiges her, beherrscht sie doch die hohe Kunst des Overheadprojektor-Theaters. Das antiquierte Ding aus Schulzeiten wird zum Schattenriss-Guckkasten samt Publikum. Und Bettina Lehmann stellt ihre Kollegen vor, die in den vergangenen Jahren für "keine bestimmte Zielgruppe" über 90 Veranstaltungen vom "Poetry Slam" über "Open Mic" bis hin zu gewöhnlichen Lesungen organisiert haben.

Da ist Vera, die sich mit Sabine um die Requisiten kümmert, Daniel hilft an der Theke, Hendrik moderiert und hat einmal eine E-Mail geschrieben, mit der er die Welt gerettet hat. Jens ist Autor, Uwe Techniker und Poet, außerdem macht er Fotos. Bettina selbst ist die PR-Frau des Unternehmens Wilde Worte. Nach der Vorstellung gibt es auch gleich eine Kostprobe von dem, was der Verein mit Hilfe der immer weniger werdenden öffentlichen Gelder so treibt.

Auf der Bühne haben sich Jens Jekewitz und Falk Fatal von der "Lesebühne Vollversammlung" eingefunden. Der Pädagoge Jekewitz outet sich dabei als in seiner Freizeit wenig kinderfreundlicher Zeitgenosse, der als Halbwüchsiger selbst im Tom-und-Jerry-Schlafanzug eher kläglich ausgesehen haben will. Falk Fatal muss sich bei einem Gang durch sein Viertel den Gedanken gefallen lassen, dass die Welt immer kaputter wird. Dann kommt eine Frau aus dem Publikum auf die Bühne, stellt sich nicht vor und liest einen ersten Text. Das ist so gewollt, so funktioniert das Konzept. Die Frau stellt sich später dann doch vor, heißt Gudrun Gehrung und freut sich, dass ihr endlich mal jemand zuhört. Das offene Mikrofon funktioniert.

Die nächste Lesung findet am Mittwoch, 26. September um 20 Uhr im Schlachthof statt. Weitere Informationen: www.wtwwa.de

(Quelle: Wiesbadener Kurier/Tagblatt vom 24.9.2007)

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