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Wiesbadener Tagblatt vom 27.06.2003:

Mit Kopfschmerz-Tablette in die Küchenflut

Pamela Granderath beim Poetry Slam im Schlachthof / Lese-Bühne für vier Debütanten / "Show Slam" am Samstag
R.R. - Es sei so warm, als würden hier Würstchen gegrillt, meinte die Lyrikerin Pamela Granderath zur Temperatur in der "Räucherkammer" des Schlachthofes. Aber es ging ganz schön cool zu bei der Lesung einer Frau, die aus der Stadt mit der "längsten Theke der Welt", aus Düsseldorf, kommt. Immerhin etwa 50 Boys und Girlies - mehr als bei manch' etablierter Lesung in Wiesbaden - gaben sich bei der mit Musik von DJ Lucee Sulfgulp begleiteten Veranstaltung ein Stelldichein.
Pamela Granderath las zuerst Texte, die sie als "biografische Lügen" bezeichnete. Und tatsächlich konnte man bei ihr Fiktion und Realität kaum auseinanderhalten. Zum Lesen, sagte sie, sei sie schon als dreijähriges Kind gekommen, als sie die Bücherregale ihres Vaters unerlaubt ausräumte. Als eine Art "Beschaffungskriminalität" qualifizierte sie das. Lesen und Schreiben bleiben aber augenscheinlich die wichtigsten Fähigkeiten, der in den "späten 68igern" geborenen Autorin. Mehr habe die Schule ihr nicht beigebracht. Mit zwanzig habe sie keinen Schulabschluss hingelegt, sondern sei Friseurin geworden. Zeitweise gar mit einem eigenen Laden. Doch abhängig vom Schreiben bleibt sie offensichtlich wie jemand, die Drogen konsumiert. Ihr Stoff sind oft skurrile Geschichten wie die von "Franzi Almsick", die nur ein Aspirin plus C nehmen will. Das Zeug sprudelt im Wasserglas immer doller, läuft über, überschwemmt die ganze Küche, bis die Möbel wegschwimmen und selbst das Radio "delphin gleich" durch die Wellen gleitet. Literarisch genial wirkt solch' ein Text schon allein wegen seiner Anklänge an Goethes Zauberlehrling.
Der Wiesbadener Verein "Where the wild Words are" fördert seit 1999 Slam Poetry, sowohl beim Mainzer "Open Ohr" wie beim Wiesbadener Sommerfestival "Folklore im Garten". Slam heißt im Englischen so viel wie "auf den Tisch knallen" und das passierte nach Granderaths Lesung ebenfalls: Vier Debütanten, unter ihnen die Wiesbadener Talente Stefan Reis und Lino Ziegel trugen Texte unter der Moderation von Hendrik Hartemann vor. Ziegels Beitrag mit sogar Soundeffekten, die zeigten, dass es bei dieser Art von Poetik durchaus auf eine gute Performance ankommt.
Am kommenden Samstag (28. Juni) soll es einen "Show Slam" beim Sommerfest des Literaturhauses in der Villa Clementine geben, kündigte Vorstandsmitglied Bettina Lehmann an. Dann könnte den Veranstaltern gelingen, die eigenwillige Art der "New Poetry" einem etablierten Publikum bekannt zu machen.

(Foto, Unterzeile:)
Erzählte "biografische Lügen" und allerlei Skurriles: Die Lyrikerin Pamela Granderath beim Poetry Slam im Schlachthof.
(Quelle: Wiesbadener Tagblatt vom 27.06.2003)

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